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  • Buch vs. E-Books

Titel Buch vs. E-Books
Jahr 2000
Das Buch ist da und bleibt da. Das E-Book schalte ich an und ab. Ohne Kunstlicht sehe ich beim E-Book Schwarz. Beim Buch habe ich Vielgestalt und individualität. Der Umfang liegt in meinen Händen. Der Inhalt eröffnet sich durch das Blättern. Ich höre und fühle das Papier. Beim E-Book habe ich mehr als zu Lesen: Bewegtbild, Ton, Verlinkung, Interaktion, Such- und Speichermechanismen ... Noch leidet das E-Book unter Uniformität und schlechter Schriftqualität. Es wird sich daher bald vom engen Rahmen der E-Book-Reader befreien und die Vermarktung auf allen möglichen Ausgabemedien einschließen. Dann eröffnet sich ein völlig neues Gestaltungsfeld mit neuen gestalterischen Materialien und Ressourcen. E-Books werden heute oft parallel zur klassischen Buchproduktion mitgemacht und mit Autoren, Hgb. und Gestaltern in Auftragsvereinbarungen mitverhandelt. Moderne Verlagskonzepte verkaufen mit dem Buch einen E-Book-Code gleich mit. Viele Leserinnen wollen beides, das Buch in der Hand und das E-Book zum Nachschlagen oder irgendwo Weiterlesen verfügbar. In diesem Fall arbeiten die Medien zusammen und nicht gegeneinander. Die gute Buchgestaltung beinhaltete Angemessenheit, Sorgfalt, Ausdruckskraft und Funktionalität. Sie ist eine verlegerische Kategorie und hilft das Buch zu verkaufen. Das Interesse an guter Gestaltung ist nach wie vor ungebrochen. In den meisten Fällen werden wir ganz früh, noch bevor der Text steht, in die Konzeption einbezogen. Dabei geht es meist um inhaltliche und gestalterische, aber auch generelle Fragen wie Herausgeberschaft, Verlagsrecht und Medienstrategie. Wir unterstützen die Entscheidungsprozesse durch prototypisierte Vorkonzepte und unsere Erfahrung in der Kommunikationsarbeit. Ein gutes Buch ist, wenn Gestaltung, Ausstattung und Fertigung eine Partnerschaft mit dem Inhalt eingehen, ihn bereichern und in seiner Lesbarkeit gesamtheitlich unterstützen. Ein schlechtes Buch ist, wenn das nicht zutrifft. Dabei gibt es ein Zuwenig und ein Zuviel. Manchmal wird mit äußerem Aufwand und Effekthascherei fehlendes inhaltliches Interesse und Verständnis wettgemacht. Dann kann ein »schönes Buch« ein »schlechtes Buch« sein. Reinhard Gassner