Museum Henry Dunant
Ausstellungsgestaltung als szenografisch spannende Erzählung
Titel | Museum Henry Dunant |
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Jahr | 2024 |
Kunde | Verein Henry-Dunant-Museum Heiden; Kaba Rössler & Nadine Schneider |
Produktion | EIBROM St. Gallen GmbH; ERCO Lighting AG; Axel Friedrich, Maschinenzoo, Siebdruck; Gebrüder Zwing, Textile Inneneinrichtung; Lenz Steinmetz GmbH; Naturfarbenmalerei, Schulz & Rotach GmbH; Tischlerei Bereuter; Fabian Troxler, Szenenwerk GmbH; Visuform GmbH; Lena Bischoff, Glasmalerin |
Der aus Genf stammende Henry Dunant lebte zwischen 1828 bis 1910. Er war Initiator des Internationalen Roten Kreuzes, widmete sein Leben dieser visionären Idee und verhalf ihr zur Umsetzung. Die letzten achtzehn Jahre verbrachte er als Gast zurückgezogen in einem ehemaligen Appenzeller Bezirkskrankenhaus in Heiden. Genau dort wurde nach umfassender Revitalisierung ein Museum zum Leben und Wirken von Henry Dunant eingerichtet. Die von Kaba Rössler und Nadine Schneider konzipierte und vom Atelier Andrea Gassner gestaltete Ausstellung präsentiert eine zeitgemäße Darstellung – mehrsprachig und inklusiv. Die gegebene Engmaschigkeit der Raumfolge im Erdgeschosse diente als Raster für eine schlüssige dramaturgische Abfolge von Themen, Inhalten und Inszenierungen.
Es beginnt schon beim zentral gelegenen Eintritt. Das Rote Kreuz und der Rote Halbmond – die namensgebenden Symbole des internationalen Komitees – werden nicht einfach abgebildet, sie sollen entdeckt werden. Die Aufmerksamkeit wird belohnt, wenn sich beim Blick auf die Spiegel an der Decke die weißen Sitzwürfel auf roten Teppichen zu den wohlbekannten Markenzeichen entwickeln. Im linken Gebäudeflügel treffen wir auf Orte der Begegnung und des multimedialen Dialogs. Die Raumfolge des rechten Flügels ist in drei Hauptinhalte geordnet: Die Vision und Grundsätze des IKRK, den Lebensweg der Person Henry Dunant sowie dessen Dasein und Rehabilitierung in Heiden. Sinnlich erfahrbare Schlüsselelemente stehen jeweils mitten im Raum, Wände und Fensteröffnungen werden als Displays der inhaltlichen Vermittlung genutzt.
Steinskulptur im ersten Raum: Vier, bedrohlich schief in den Raum kippende, wandhohe Steinplatten, werden von einem umlaufenden roten Band zusammengehalten und am Umstürzen gehindert. Beschriftet ist dieses stilisierte Kreuz mit den sieben Schlüsselwörtern, die den Grundsätzen des Roten Kreuzes zugrunde liegen. Sie beschreiben humanitäre Werte, die selbst in der äußersten Aggression von Kriegshandlungen zur Anwendung kommen müssen.
Durchgang im mittleren Raum: Dunants Lebenslauf ist gleichermaßen geprägt von großen Erfolgen sowie Irrwegen und tiefen Krisen. Vier raumhohe Torbögen schaffen Blick- und Richtungswechsel zu unterschiedlichen Themen innerhalb des Raums und symbolisieren gleichzeitig die Bruchlinien und das Triumphale in Dunants Leben. Begleitet wird die Installation durch eine Zeitleiste inklusive vertiefender Informationen mit entnehmbaren Faltdruckwerken, seitlich an der Wand.
Raum im Raum: Wir befinden uns hier genau an jenem Ort, an dem Henry Dunant zwei Stockwerke höher und über hundert Jahre früher zum jahrelangen Einsiedler wurde. Vier semitransparente, bewegliche Stoffbahnen bilden einen fast geschlossenen, jedoch begehbaren Innenraum, der diese „Verpuppung“ hautnah erlebbar macht.
Die Fenster der Räumlichkeiten schenken uns ungewohnte Ein- und Ausblicke: Kernbotschaften auf lichtdurchlässigen Stoffbahnen, die Außenwelt durch farbige Glasscheiben als malerische Bilder und die in die Maueröffnungen nahtlos eingepassten Monitore mit Videos von glaubwürdig zur Schau gestellten Zeitzeugen. Es ist das schlüssige Drehbuch dieser auf wirksame Szenen fokussierten Schau und eine mutige, gestalterische Interpretation, die den Publikumserfolg des Museums bereits in den ersten Wochen nach der Eröffnung erklärbar macht. Auch Menschen mit Geh- und Sehbeeinträchtigungen wird durch taktile Orientierung, Audiostationen und der bewusst tiefen Hängung der Expo-
nate eine selbstständige, unterhaltsame Erkundung möglich gemacht.